10/15
Ich bin eine Künstlerin. Mit „Frau Hochhaus“ habe ich meinen Namen in einen Künstlernamen verwandelt und sogar noch meine Perspektive als Kunstlehrerin in den Blick genommen.
So wie Künstler manchmal wahrgenommen werden – verpeilt, unorganisiert, unsystematisch, ausschweifend – bin ich gerade nicht. Ich habe meine Termine und Aufgaben meist gut im Blick – trotz oder gerade wegen meiner Methode Termine in einer hübschen Verpackung namens Papierkalender zu sammeln.
Um wie ich zu sein, braucht man ein Handy, das man an den unmöglichsten Stellen liegen lassen kann, nur um sich dann kurz darauf zu fragen, wo es denn nun wieder liegen mag.
Um ich zu sein, braucht man viele Schuhe und Kleider aus denen man wählen kann – und natürlich ein Handy mit dem man diese Sachen auf Kleiderkreisel (seit neuestem heißt es Vinted) bestellen kann, denn ich gebe Klamotten ein zweites Leben.
Um ich zu sein muss man ironisch sein und Wortwitze mögen.
Ich bin politischer als ich manchmal zugebe. Das betrifft vor allem die Rechte von Frauen, den Umweltschutz, die Hochschulpolitik und die Tagespolitik. Um ich zu sein muss man gendern.
Um ich zu sein engagiert man sich im Allgemeinen Studierendenausschuss der Kunstakademie – aber natürlich in einem Posten, der es erfordert organisiert zu sein und den Überblick zu behalten und ja ich rede hier von Finanzen. Um ich sein zu können muss man Verantwortung tragen können.
Um ich zu sein, muss man viele Dinge gleichzeitig tun, denn sich auf eine Aktivität zu beschränken fällt mir nicht so leicht. Es gibt immer ein Kunstprojekt UND eine Hausarbeit oder Prüfung UND eine Ausstellung.
Ich gehe meinen eigenen vielseitigen Weg. Ich genieße mein sonniges, grünes, kreatives, buntes, organisiertes, durchgeplantes, spießiges Leben.